Der Hintergrund der Leveltestings
In vielen Kampfsportarten und Selbstverteidigungssystemen gibt es eine Art Graduierungssystem. Der Fortschritt des Trainierenden (häufig als Schüler*in bezeichnet) wird in regelmäßigen Prüfungen getestet und bei entsprechend gezeigter Leistung erhält der Trainierende eine neue Graduierung. In „klassischen“ Kampfsportarten wie z.B. Judo, Ju-Jutsu oder Karate erhält der Prüfling im Anschluss einen neuen Gürtel. Zu Beginn ist dieser weiß, dann farbig (z.B. gelb, orange, grün, blau, braun) und am Ende schwarz. Der „schwarze Gürtel“ drückt seit jeher eine besondere Kompetenz des*der Träger*in aus – wobei, philosophisch betrachtet, der Weg an dieser Stelle erst beginnt.
Als Imi Lichtenfeld in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts das Krav Maga curricularisierte – also die Ausbildungs- und Prüfungsstruktur des Krav Maga skizzierte – entschied er sich ebenfalls für die Verleihung von entsprechend farbigen Gürteln. Der Grad des Expert-Levels entsprach dem „schwarzen Gurt“. In Israel werden in vielen Krav Maga Vereinen (gerade im Kinder- und Jugendbereich) noch heute Gürtel getragen.
Als Krav Maga kurz vor der Jahrtausendwende vor allem international propagiert wurde und man sich von den klassischen Kampfsportarten abgrenzen wollte, wurde die Entscheidung getroffen keine Gürtel mehr zu verleihen. Stattdessen gab es bei bestandener Prüfung sog. Patches – wie dies auch im Militär üblich war. Der Bezug von Krav Maga zum Militär war damit auch im Training dokumentiert. In vielen Krav Maga Verbänden ist die Verleihung eines Patches nach bestandener Prüfung auch heute noch gebräuchlich. Der klassische Kampfsportgürtel hatte ausgedient.
Unabhängig davon, ob es nach bestandenem Level einen Gürtel, eine Urkunde oder ein Patch gibt, existieren in den meisten Krav Maga Verbänden Graduierungen, welche als „Levels“ bezeichnet werden. Es werden dabei 3 Bereiche mit jeweils 5 Level unterschieden: Die „Practitioner Level“ (P-Level), die „Graduate Level“ (G-Level) und die „Expert-Level“ (E-Level).
Bedeutung der Level
Practitioner Level – also P1 bis P5 in aufsteigender Reihenfolge – sind die ersten Level auf dem Weg zum Expert. Hier steht des Erlernen der Grundtechniken des Krav Maga im Mittelpunkt. Der*die Lernende setzt sich mit den Grundprinzipien des Krav Maga auseinander und versteht grundsätzliche taktische Komponenten in Auseinandersetzungen und kann diese anwenden
Graduate Level – G1 bis G5 – sind recht weit fortgeschrittene Lerner*innen. Die grundsätzlichen Techniken und Taktiken des Krav Maga werden problemlos beherrscht. Fortgeschrittene – also weniger übliche Techniken (z.B der „Submachinegun-Takedown“ oder das Verteidigen gegen Langwaffenbedrohungen) werden gelernt. Im Mittelpunkt steht besonders die Ausprägung des Mindsets – also der geistigen Einstellung zum Kampf. In der Prüfung müssen u.a. auch Vollkontaktkämpfe absolviert werden. Die meisten nicht-israelischen Instruktoren sind G-Level.
Expert Level – E1 bis E5 – sind wie der Name schon sagt „Expert*innen“. Sie haben ein tiefes Verständnis für die Techniken, Taktiken und Prinzipien des Krav Maga. Sie können das Gelernte auf sämtliche neue Situationen transferieren. Der*die Expert*in ist mental „unkaputtbar“ (auch als Resilenz oder „mental toughness“ bezeichnet), hat keine Angst vor großen Herausforderungen und gibt einfach nicht auf. Außerhalb von Israel gibt es nur sehr wenige hochgraduierte Expert*innen.